Geschichtliches
Alfred von Seckendorff



Als der Feldmarschall Friedrich Heinrich von Seckendorff 1762 verstorben war, trat sein Erbe Friedrich Carl von Seckendorff an. über sein Leben in Meuselwitz ist nichts Schriftliches erhalten geblieben. Seine Nachfolge trat sein Sohn Wilhelm Heinrich an,
der von 1763 bis 1817 lebte. Dieses Erbe übernahm Veit Ludwig II, der von 1763 bis 1827 lebte. Der Sohn des Veit Ludwig II, Alfred von Seckendorff, erbte das Schloß zu Meuselwitz. An Alfred von Seckendorff erinnerte die Meuselwitzer die frühere Alfredstraße, die heutige Puschkinstraße, sowie der damalige Alfredschacht.
Alfred von Seckendorff wurde am 14. September 1796 in Meuselwitz geboren. Seine Mutter, Julie Freiin von Schwarzenfels, entriß der Tod dem Knaben, als er 2 Jahre alt war. Er wurde von dem Meuselwitzer Pfarrer Schreckenberger erzogen und kam 1803 an die Klosterschule zu Roßleben. Er dachte gern an diese Schulzeit zurück, denn er hat der Schule ein kleines Gedicht gewidmet:
"Und kann ich auch nur schwach die Saiten rühren, verrät ihr Ton doch nur die Schülerhand,
magst du drin auch des Herzens Stimme spüren, der alten Neigung unauflöslich Band,
die auch im Mannesalter nicht vergißt, was einst dem Jüngling du gewesen bist." Dieses kleine Gedicht läßt schon ahnen, dass er sich auch später noch lyrisch betätigt.
Er studierte in Leipzig und Jena Kameralwissenschaften (damalige Bezeichnung für Wirtschafts/Finanzwissenschaft) und Jura. Von 1823 an war er Regierungsrat in Altenburg. In Altenburg hatte er den "Verein der Büchsenfreunde" wieder aufgerichtet (neu ins Leben gerufen) und dort seine Gedichte und lyrische Dichtungen vorgetragen, die er gesammelt und 1824 in einem kleinen Büchlein herausgegeben hat?allerdings unter dem Pseudonym Absalon.
Nach dem Tod seines Vaters nahm er als sechster seines Geschlechts den Besitz vom Majorat an (Majorat: immer der älteste des Geschlechts wird der Besitzer).
Für das Schloß und seine bauliche Erhaltung hatte Alfred von Seckendorff leider kein Interesse. Der Lustgarten wurde in einen Nutzgarten umgewandelt. Die Taxushecken, Lauben? und Wandelgänge verschwanden und machten Obstbäunien Platz. Einige der Statuen und Volieren und der Wasserkünste blieben stehen, doch wurde ihnen keinerlei Pflege zuteil. In den 50Jahren, da Alfred der Schloßherrwar, begann der Verfall des Rittersitzes. Sein Nachfolger Oskar Edwin hielt diesen Verfall auch nicht auf, da er sich meist auf seinen Gütern Tab, Mako und Mellek in Ungarn aufhielt.
Dafür kümmerte sich Alfred von Seckendorff um so mehr um seine berufliche Laufbahn. Jeder Orden und jeder Titel waren ihm willkommen. Er war Kreishauptmann von Altenburg, Präsident derlandwirtschaftlichenund musikalischen Kongresse, Herzoglich Sächsischer wirklicher Geheimer Rat, Kammerherr, Regierungspräsident des preußischen Provinziallandtages. Erwar im Besitz des Ernestinischen Großkreuzes des Hausordens, Komtur des österreichischen Leopoldordens, des preußischen Adlerordens, des hannoverschen Guelphenordens, des bayrischen Verdienstkreuzes vom heiligen Michael u.v.m.
Als Präsident des Altenburger Landtages war er oft genannt. Auch von unserem Ort war er für den Landtag vorgeschlagen worden.
Die Revolutionstage von 1848 machten ihn zum "Bürger Alfred". Auch in unserem Marktflecken gab es Unruhen und Kundgebungen. Als Alfred von Seckendorff doch aus Altenburg, wo er sich im Seckendorffschen Haus am Brühl aufhielt, heraus nach Meuselwitz kam, wurden ihm von einem Volkshaufe die Forderungen der Zeit angekündigt. Die Bürgergardisten bedankten sich im Volksblatt für eine Trommel, die die Gemahlin des "Bürgers und Besitzers des Rittergutes" ihnen geschenkt hatte. Diese unruhigen Verhältnisse waren Alfred v. S. zuwider. Er schied deshalb mit dem Jahre 1848 aus?dem Staatsdienst aus.
Alfred v. S. war eine geistig regsame Persönlichkeit. Sein Interesse war auch den Heimatgeschichten und künstlerischem Gebiet zugewandt. Einen Gedichtband mit dem Titel "Bilder aus meinem Wanderleben" hat er 1846 herausgegeben. Seine Werke wurden in den Zeitschriften "Rose" und "Komet" veröffentlicht. Auch Reiseschilderungen, z. B. "Kreuz?und Querzüge des Ritters von A?Z" sind sein Werk. Seine Reiselust schien sehr ausgeprägt zu sein; so bereiste er nicht nur unser Land von Nord nach Süd, sondern auch österreich sowie Schweden und Norwegen. Um in unserem Ort einen tüchtigen Kirchenchor hervorzubringen, scheiterte es an einem guten Dirigenten. Für die Schule setzte sich Alfred v. S. ebenfalls sehr ein. Er sah es als seine Pflicht an, die Jugend gut ausbilden zu lassen. Eine Kleinkinderschule (Kindergarten) hatte seine Frau Marie, Freifrau von Tümpling, ins Leben gerufen, die sie aus eigenen Mitteln erhielt und um die sie sich rührend kümmerte.
Mit Marie von Tümpling war Alfred v. S. seit 1821 verheiratet. Ihre Ehe war kinderlos. Marie von Tümpling wird als liebenswürdige, herzensgute Frau beschrieben. Als sie 1852 stirbt, ist dies ein schwerer Verlust für Alfred und für Meuselwitz. Er setzt der lieben Lebensgefährtin ein Denkmal im Schloßgarten, das leider nicht mehr vorhanden ist. Die Inschrift lautete: "Dank für die Liebe, die Du mir beschieden.\ Dank für des Hauses und des Herzens Frieden\ den ich durch Dich so reich, so lange fand.\ Gedenke mein im bessren Vaterland. \Vergessen kann ich nimmer Dich hienieden!"
Alfred von Seckendorff hat für die Bewohner von Meuselwitz viel getan. Für alle Gemeindeangelegenheiten zeigte er stets reges Interesse. Im Jahre 1847 ließ er den Gasthof zum Weinberg neu erbauen. Er verzichtet zugunsten der Armen auf das Ständegeld vom Jahrmarkt, welches dem Rittergut zustand. Er gründete eine Vorschußkasse 1849 mit g.Inz geringem Zins, um den Geschäftsleuten zu helfen. Erwar28Jahre lang deren Vorsitzender, in dieser teuren Zeit eine segensreiche Einrichtung. An ihn erinnern zwei Legate (Schenkung) zu 6000 M und 4500 M. Die Zinsen des ersteren sollten den Armen zukommen und die anderen den aus Meuselwitz, Mumsdorf, Starkenberg, Kostitz und Schnauderhainichen stammenden Studierenden der Universität, des Lehrerseminars und des Gymnasiums. Auch fürdas Hospital leistete er manchen Zuschuß.
Streitigkeiten mit der Kommune brachten es so weit, dass er die Höhe des Betrages an die Kleinkinderschule kürzte.
Für den Braunkohlenabbau setzte er sich sehr ein, sah er doch in diesem Gewerbe einen Broterwerb für die Bewohner. Er gab Christian Kluge 1844 das Zeugnis, dass er Unternehmungsgeist besitzt und sich durch seine Kohlengräberei um den Ort verdient gemacht hat. Er soll auch den Namen "Zum Fortschritt' für die erste Aktiengesellschaft vorgeschlagen haben. Die Erinnerung an seine Unterstützung kam auch in dem "Alfredschacht" zum Ausdruck.
Am 28. März 1876 starb Alfred v. S. Nach seinem Tode entspann sich ein Rechtsstreit um die Nachfolge im Majorat, die 1877 entschieden wurde. Der K u. K österreichische Kürassierleutnant a. D. Oskar Edwin v. Seckendorff auf Tab in Ungarn wird vom 22. März 1877 an Besitzer des Schlosses. Hinweise zu ihm enthält dieser Artikel.

Quellen: "Die Heimat' 1934 (Auszüge) "Aus der Chronik von Meuselwitz" v. H. Meyer
  Verweise zum Thema:
   
Quellenangaben:
   Text aus: Bote von der Schnauder 1/97, H.Menzel