Brikettfabrik
Zum Fortschritt
Als Anfang der 60er Jahre die Lucka-Meuselwitzer Chaussee gebaut wurde, erfolgten
weitere Neugründungen (Karlsschacht, Preußengrube, Vereinsglück, Alter Heinrich).
Kluge unternahm im gleichen Zeitraum einen Schachtversuch im
Auholz, welcher später als Grube Germania festgesetzt wurde. Nach dem Muster
von Ziegelpressen hielten die sogenannten Naßpressen Einzug, um den wachsenden Bedarf
auch in Altenburg, Zeitz, Ronneburg, Gera, Crimmitschau, Werdau, Plauen und Leipzig decken
zu können. Die größte Ausdehnung erfuhr die Aktiengesellschaft
ZumFortschritt. Während zu jener Zeit noch die meisten Gruben des Reviers nur
im Winter förderten und in der übrigen Zeit des Jahres die Rohkohle zu Handstreich- oder
Naßpreßsteine verarbeitet wurde, förderten die Meuselwitzer Gruben das ganze Jahr
hindurch, da sie in der Hauptsache wertvolle Stückkohle gewannen. Die Verarbeitung ging
trotzdem noch sehr stockend voran. So betrug die Gesamtförderung 1864 bei 217
Beschäftigten erst 80 959 t. Die Einführung von modernen Brikettpressen, mit denen
täglich 40 000-60 000 Briketts gepreßt werden konnten, erfolgte dann kurze Zeit später
wiederum auf dem Fortschritt. Die siegreiche Beendigung des
deutsch-französischen Krieges und Bismarcks Reichsgründung von oben
vermochten die deutsche Wirtschaft nach 1871 im stärkeren Maße dem Braunkohlebergbau zu.
Schon 1865 häuften sich die Eingaben der Grubenbesitzer zum Bau einer Bahn, die das immer
schwieriger werdende Absatzproblem lösen sollte. Am 18. Juni 1872 erfolgte dann die
Eröffnung der Strecke Altenburg-Meuselwitz-Zeitz, später der Strecken nach Leipzig
(Bayrischer Bahnhof) über Gaschwitz (1874), nach Ronneburg (1887) und nach Gera über Wuitz
(1902). Die städtischen Großabnehmer waren so bedeutend schneller zu beliefern. In
dieser Zeit des allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs entstanden in Meuselwitz folgende
Unternehmungen: 1871 der Otto-Schacht , die Friedensgrube, die Grube Ernst
und die Prehlitzer Braunkohlen-AG; die Mariengrube und 1872 die
Grube Union bei Kriebitzsch, der Schenkenschacht, die Bruderzeche, Grube Agnes
und der Ida-Schacht,1873 der Kiefernschacht der Wilhelm- und Alfredschacht
sowie die Rositzer Braunkohlenwerke. Infolge der Neugründungen schwoll die Förderung des
gesamten Reviers 1876 auf 750 000 t an. Auf diese für den Bergbau günstigen Jahre folgte
jedoch ein im Reich schon 1873 einsetzender Krisenzyklus mit einer akuten Absatzkrise auch
für den Braunkohlenbergbau. Verschiedene Unternehmungen mußten Konkurs anmelden. Die
Leidtragenden waren jedoch die Bergleute. Neben Lohnkürzungen verloren allein in
Sachsen-Altenburg 1000 ihren Arbeitsplatz. Als Folge der Krise begann allmählich die
Konzentration und Zentralisation der Kohleförderung und -verarbeitung. Da andere
Industriebetriebe zunehmend zur Brikettfeuerung übergingen, fanden sich jedoch schnell
neue Abnehmer. Ausdruck der neuen Aufschwungperiode ab 1890 war die Gründung mehrerer
Großbetriebe und Aktiengesellschaften: so auf preußischem Gebiet zum Beispiel die
Fürst-Bismarck-GmbH und die Braunkohlenwerke
Leonhard-AG sowie in Sachsen-Altenburg die Grube
Heureka die Phönix-AG die Grube Kraft I und das Bergwerk Herzog-Ernst.
Der Großteil der Kleinunternehmungen und der
landwirtschaftlichen Nebenbetriebe ging zugrunde oder schloß sich an Großunternehmen an.
Im Jahre 1895 wurden allein im Meuselwitzer-Rositzer Revier 4,5 Millionen t Kohle
gefördert und drei Jahre später konnte die 5 Millionen-Grenze überschritten werden. Der
riesige Umsatz geht auch daraus hervor, daß der Meuselwitzer Bahnhof 1898 im
Güterverkehr annähernd 1,75 Millionen Mark vereinnahmte, soviel wie die übrigen 36
Bahnhöfe des Herzogtums zusammen. In den folgenden Jahren bis 1913 stiegen die
Förderungen im Revier an Rohbraunkohle auf 240 % und die Herstellung von Briketts auf 432
%, während sich die Zahl der Arbeiter nur um ca. 150 % erweiterte. Die Steigerung der
Produktion wurde jedoch nur teilweise durch Anwendung von technischen Neuerungen erzielt.
Wesentlicher Wachstumsfaktor war die ins Maßlose sich erhöhende Arbeitsintensität.
20.Jahrhundert Die Arbeitszeit betrug vor dem Ersten Weltkrieg 12 Stunden ohne feste Pausen (im
Tiefbau 9 Stunden). Die Einführung des 8-Stunden-Tages als eine der größten
Errungenschaften der Novemberrevolution bedeutete für die Kohlebetriebe den Übergang vom
Zweischicht- zum Dreischichtsystem. Die Belegschaft konnte damals um 50 % vermehrt und die
Arbeitslosigkeit im Revier fast vollständig beseitigt werden. Nach der Niederlage der
Arbeiter im großen Herbststreik 1923 wurden die Errungenschaften zunichte gemacht.
Ähnliche Tendenzen sind auch bei der Lohnentwicklung zu verzeichnen: Lag der
durchschnittliche Schichtlohn zwischen 1910 und 1914 bei 3,90 RM, so konnten Ende 1918
immerhin 11,44 RM erreicht werden (allerdings bei stark ansteigender Teuerung). Im Jahre
1924 dagegen lagen die Schichtlöhne nur noch durchschnittlich bei 4,07 RM. In den harten
Kämpfen der Bergleute, wie zum Beispiel im Oktoberstreik 1927, konnten 5,80 RM und bis
Dezember 1930 6,40 RM ereicht werden. Frauen und Jugendliche erhielten für die gleiche
Arbeit fast nur die Hälfte des Lohnes der Männer. Sehr rasch schritt in den Jahren der
Weimarer Republik der Monopolisierungsprozeß voran. Die Brüder Ignatz und Julius
Petschek, die die Aktienmajorität in den meisten Meuselwitzer Großunternehmen hatten,
und die Deutsche Erdöl-AG kontrollierten zusammen 1928 85,1 % der Förderung
des Reviers. Schwere Rückschläge erlitt der Bergbau in der Weltwirtschaftskrise.
Hunderte Bergleute verloren ihren Arbeitsplatz. Die Gruben
Herzog Ernst, Mariengrube, Gertrud,
Vereinsglück I und
Heureka
stellten kurz hintereinander die Produktion ein. In den laufenden Betrieben wurde die
Produktion gedrosselt. Im März des Jahres 1930 betrug der Brikettabsatz als Folge dieser
Entwicklung nur noch die Hälfte des Vorjahres. Ab Mitte der 30er Jahre kamen die Betriebe
wieder aus der Talsohle heraus. Der erhöhte Energiebedarf der Rüstungs- und
Kriegsproduktion ließ die Grubenbetriebe, Kraftwerke und Brikettfabriken auf Hochtouren
laufen. Dazu kam der wachsende Bedarf an Rohbraunkohle in der chemischen Industrie. Nach
dem Zweiten Weltkrieg stand zunächst in fast allen Braunkohlenwerken die Produktion
still. Einige waren zerstört. So wurden zum Beispiel durch den Großangriff am 20.
Februar 1945 das Hauptmagazin der Brikettfabrik Zipsendorf III (Grube Fürst Bismarck) und
das Zechenhaus total zerstört und das Kesselhaus stark beschädigt. Ausgeglühte Träger
und Trümmerberge bedeckten das Werksgelände. Auch die Bergarbeitersiedlungen in der
Blumen- und Gartenstraße waren stark zerstört. Nach dem Juli 1945 wurden auch die bis
dahin nur provisorisch gebildeten Betriebsräte in den Kohlenbetrieben durch Wahlen
bestätigt. Die Vertreter der großen Konzerne, welche die Aktienmajoritäten im Revier
hatten, wie die Salzdefurth-AG, der Deutsche Braunkohlen-Industrieverein
EV Halle oder die DEA versuchten mit allen Mitteln die Tätigkeit dieser
Betriebsräte zu behindern und zu hintertreiben. Die damaligen Kommunisten und
Sozialdemokraten forderten die Enteignung der Konzernherren und Aktionäre. Die
sowjetische Besatzungsmacht unternahm ihrerseits Maßnahmen zur Enteignung der Nazi- und
Kriegsverbrecher. Alle Betriebe fielen unter die Bestimmungen zur Beschlagnahme und
wurden, außer den in der Sowjetischen Aktiengesellschaft verbleibenden, den Landes- und
Provinzialleitungen übergeben, die Treuhänder einsetzten. Die endgültige Veränderung
der Eigentumsverhältnisse erfolgte jedoch erst durch den Volksentscheid am 30. Juni 1946
in Sachsen und die nachfolgenden Verordnungen in den anderen Ländern und Provinzen. Die
Probleme und Aufgaben, die vor den Bergleuten standen, wurden dadurch nicht geringer.
Neben den Zerstörungen machte sich die Vernachlässigung wichtiger
Indstandsetzungsarbeiten, besonders während der Jahre des Krieges, bemerkbar. Tausende
Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene waren in den Jahren des Krieges von den Konzernen vor
allem im Abraumbetrieb schonungslos ausgebeutet. Nach ihrer Rückführung hatte sich die
Belegschaft um mehr als ein Drittel reduziert. Der extrem langandauernde Frost des Winters
1947, der den Boden bis 11/2 m tief erstarren ließ, dazu der schlechte Zustand der
Förderanlagen, das Fehlen demontierter Anlagen und die mangelnde Versorgung der Bergleute
ließen im Revier die Braunkohleförderung 1947 fast um 1/4 und die Brikettherstellung
fast 1/3 hinter den Produktionsstand des Vorjahres zurückfallen. Für Meuselwitz kam noch
erschwerend hinzu, daß die
Gruben Schäde und
Fortschritt
wegen Auskohlens geschlossen wurden. Der Braunkohlebergbau wurde nach 1949 beträchtlich
erweitert. Umfangreiche Neuaufschlüsse, wie Blumroda, Zipsendorf Süd, Phönix Ost und
Schleenhain, wurden durchgeführt. Bis 1928 verschwanden in der näheren Umgebung von
Meuselwitz einige Dörfer unter dem Bagger (z.B. Ruppersdorf,
Wuitz, Sabissa
und Zechau-Leesen). Die Bergbaubetriebe unseres Gebietes vereinigten sich zum VVB Borna
und Meuselwitz, Sitz Altenburg. Die Meuselwitzer Vereinigung umfaßte 1948 12
Braunkohlenwerke und 11 820 Beschäftigte, die Bornaer 9 Werke mit 7345 Beschäftigten.
Schon im Mai 1949 konnte in der Brikettproduktion in Meuselwitz der bisherige Höchststand
von 1944 um 1,4 % überboten werden. Im Jahre 1950 förderte das vereinigte
Borna-Meuselwitzer Revier 37 Millionen t Rohbraunkohle und 1957 57 Millionen t, was mehr
als ein Viertel des Gesamtbraunkohleaufkommens der DDR bedeutete. Seit den 60er Jahren ist
die Braunkohleförderung in unserem Gebiet wegen der nachlassenden Kohlevorkommen
rückläufig. Die damals noch bestehenden Betriebe und Tagebaue wurden dem VEB
Braunkohlekombinat Bitterfeld unterstellt. Das Geschehen hat sich im Laufe der Jahre von
seinem einstigen Zentrum Meuselwitz entfernt. Die nach der politischen Wende 1990 noch
bestehenden Brikettfabriken wurden von der MIBRAG (Mitteldeutschen Braunkohlen Aktien
Gesellschaft), die aus dem VEB Braunkohlenkombinat Bitterfeld entstanden ist, nach und
nach geschlossen. Nur noch in der Brikettfabrik Phönix in Mumsdorf rattern
die Briketts nach wie vor vom Band. Die dazu benötigte Rohkohle kommt aus dem Tagebau
Profen.
Noch
im Jahre 1909 hatten Verhandlungen zwischen den Aktionären der Reviere von Borna-Leipzig,
Zeitz-Weißenfels und Meuselwitz-Rositz zur Beseitigung der bis dahin bestehenden drei
monopolistischen Vereinigungen unterschiedlichen Charakters und zur Gründung des
Mitteldeutschen Braunkohle Syndikats, GmbH geführt. Das Syndikat griff
weitgehend in die Selbstständigkeit der ihm angeschlossenen Werke ein, schrieb z.B. die
Produktionsmengen vor, verbot die Annahme von Aufträgen und forderte deren Überweisung
an das Syndikat, das allein den Verkauf der Kohle übernahm. Als Gegenleistung garantierte
das Syndikat hohe Verkaufspreise. Lagen diese 1907 pro Tonne bei 1,07 Mark, so 1910
immerhin pro Tonne zwischen 2,26 und 2,29 Mark. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges und
der damit verbundenen Kriegswirtschaft erhielt die Braunkohle noch größere Bedeutung.
Die Kohleförderung hielt sich während des Krieges bei 6,5 Millionen t pro Jahr. Mit der
Deutschen Erdöl-AG ließ sich der erste braunkohleverarbeitende chemische
Betrieb in unserem Gebiet nieder. Auch nach dem Weltkrieg stieg die Bedeutung des
Rohstoffs Braunkohle unvermindert an. Mit der Abtrennung von Elsaß-Lothringen und Teilen
Oberschlesiens sowie der Besetzung des Saarlandes nach dem Versailler Friedensdiktat
Deutschland auferlegten Forderungen fehlten der Industrie wichtige Rohstofflieferanten.
Die Förderung im Meuselwitz-Rositzer Revier wurde so beträchtlich erweitert und stieg
von 1919 bis 1928 von 6,6 Millionen t auf 10,3 Millionen t. Die Anzahl der Tagebau- und
Tiefbaubetriebe ging im gleichen Zeitraum jedoch weiter zurück. Das ganze Revier hatte
1921 noch 20 Braunkohlebetriebe mit 8631 Beschäftigten. In Meuselwitz und Zipsendorfwaren
folgende Unternehmen seßhaft:
Verweise zum Thema:
Quellenangaben:
Text und Bild: Homepage von U.Hoffmann