Geschichtliches
Der Friedhof




Kapelle auf dem Meuselwitzer Friedhof

Im Jahre 1899 erfolgte am 9. Juli die offizielle Einweihung des neuen Friedhofs in unserer Stadt. Das war bereits die dritte Anlage dieser Art, denn bis zum Jahre 1584 bestand in Kirchennähe ein Friedhof, während später ein neuerGottesacker im Raum des heutigen Lutherhauses bekannt war. Dahinter befand sich übrigens von 1808 -1909 das Seckendorffsche Erbgegräbnis. Es war früher allgemein üblich, einen Friedhof rings um eine Kirche anzulegen. Daher stammt auch die Bezeichnung Kirchhof. Nicht anders war es in Meuselwitz, wo bis ins Jahr 1584 ein Friedhof neben der Kirche, die allerdings wohl mehr eine Kapelle des Rittergutsherrn gewesen sein dürfte, bestanden hat. Wiederholt war man bei späteren Erdarbeiten Kapelle auf dem Meuselwitzer Friedhof. auf menschliche Knochenreste gestoßen. Ursprünglich war dieser Friedhof von einem Weidenzaun abgegrenzt worden. Ein neuer Friedhof wurde wegen der Vergrößerung der Bevölkerungszahl im 16. Jahrhundert notwendig. Dieser lag am Südostrand des Ortes, wo sich heute das Lutherhaus befindet.
Durch die Pest im Jahre 1611 starben rund 600 Menschen. Das waren dreiviertel der damaligen Bewohner des Ortes. Hinzu kamen noch die Pesttoten umliegender Gemeinden, so daß der Friedhof schnell mit Gräbern angefüllt war. Durch Ankauf eines Feldgrundstücks mußte er weiter östlich vergrößert werden. Doch bereits 1859 erfolgte eine erneute Vergrößerung, diesmal in südliche Richtung.
Durch die stürmische Entwicklung der Industrie um die Jahrhundertwende, hatte die Bevölkerungszahl von Meuselwitz so zugenommen, daß ein völlig anderer Matz für einen neuen Friedhof, der mittlerweile zur dritten Beerdigungsstelle in Meuselwitz wurde, gefunden werden mußte. Der Kirchenvorstand entschied sich zum Kauf der Weidnerschen und Kühnschen Grundstücke im Gelände hinter der Bismarckhöhe westlich der heutigen B 180. Zugleich hatte man auch das Vorkaufsrecht für das benachbarte Gelände erworben, so daß für viele weitere Jahre der Raum für Bestattungen gesichert war.
Bereits im Herbst 1898 hatte man die notwendigen Planierungsarbeiten durchgeführt und auch mit der Umfriedung sowie dem Bau einer Leichenhalle begonnen. Am 9. Juli 1899 erfolgte die offizielle Einweihung 'des neuen Friedhofs und der Leichenhalle. Als Geistlicher wirkte um diese Zeit der Kirchenrat Emil Böttger, als Diakon wird ein Karl Günther genannt. Unter der Anteilnahme der Geistlichkeit und des Kirchenpatrons Baron von Seckendorff fand das Zeremoniell am 6. Sonntag nach Trinitatis statt. Die zahlreichen Gemeindemitglieder vernahmen die zu Herzen gehende Predigt. Die erste Bestattung ließ nicht lange auf sich warten. Bereits am 10. Juli 1899 wurde Frau Anna Lange, geborene Löffler, die nur 26 Jahre alt geworden war, beerdigt. Durchblättert man die Bestattungsbücher, so kommt man bis Ende 1998 auf über 13 150 Tote. Es gab aber noch bis zum 1. Juli 1929 Bestattungen auf dem alten Friedhof von Angehörigen solcher Familien, die dort ein Erbbegräbnis in Anspruch nehmen konnten.
Auffällig ist in der früheren Zeit die hohe Zahl von Kindergräbern, die in mehreren Abteilungen angelegt wurden und Zeugnis abgeben von der hohen Kindersterblichkeit um die Jahrhundertwende. Zum Schmerz besonders der Mütter kamen dann noch die materiellen Kosten. Es gab eine genaue Gebührenordnung die nach Klassen und Alter aufgeschlüsselt war. Für Kinder unter einem Jahr wurden in der 3. Klasse von der Halle des neuen Gottesackers zwar nur 9,50 Mark für die Beerdigung abverlangt, die sich bei Hausabholung auf 25,50 Mark und bei Inanspruchnahme eines Leichenwagens bereits auf 54 Mark erhöhte.
1929 begann die Erweiterung des Friedhofes in östliche Richtung, wo ein prächtiger Waldfriedhof angelegt wurde. Eine erneute Vergrößerung kam durch die Umbettung von Gräbern zustande, die durch die überbaggerung des Dorfes Leesen 1951 bedingt war. Hier findet man neben alten Grabplatten und Resten barocker Gedenksteine auch ein Kriegerdenkmal für 76 Gefallene des 1. Weltkrieges aus Leesen, Zechau, Altund Neupoderschau vor, das von der Kirchgemeinde Leesen gestiftet wurde.
Einige ältere repräsentative Grabstellen - z. B. der Familien Wirker, Naundorf, Pilz oder Ziller - sind an der Mauer auf der Nordseite des Friedhofes zu finden. Zu den auffälligen Grabstellen gehört auch das von Julius Taubert im Waldfriedhof, der als langjähriger Vorsitzender der Friedhofskommission segensreich gewirkt hatte.
Schon vergessen scheint die letzte Ruhestätte des Heimatdichters Bruno Hüfner zu sein, die längst eingeebnet wurde. Doch bemüht sich der Heimatverein um die Aufstellung eines Gedenksteins. Das Grab des weiteren Dichters Ernst Daube-Sporgel hat der Verein schon in Pflege genommen.
1994 wurde auch in Meuselwitz eine Gemeinschafts-Grabanlage eingerichtet, die immer mehr in Anspruch genommen wird. Sicherlich gibt es unterschiedliche Auffassungen zu dieser Bestattungsform. Doch wird hier einmal kein Unkraut wuchern, wenn Angehörige fehlen oder nicht anwesend sein können. Die ständig neu aufgestellten Blumen sorgen hier für immerwährenden Grabschmuck.
Wie vieles ließe sich von unserem Friedhof noch erzählen. So gab es his zum Jahre 1935 nur Erdbestattungen. Später ging man immer mehr zu Feuerbestattungen über, die jetzt bei etwa 90 Prozent liegen. Bemerkenswert war auch der Umbau der Kapelle im Jahre 1907. Dem Raum wurde mit Sitzflächen ausgestaltet und heizbar gemacht.
Seitlich von diesem Gebäude, befindet sich eine große Grünfläche mit einem Stein, der folgende Inschrift' trägt: "Hier ruhen 32 Mitglieder der Familien der Freiherren von Seckendorff und von Tümpling. überführt aus dem Erbbegräbnis im Jahre 1909". Im Hintergrund fällt an der Stelle ein großes Kreuz auf, wo Veit Adolf von Seckendorff 1943 beigesetzt wurde. Am Fuße des Kreuzes sind auf einem Stein die Lindenblätter - Wappenzeichen der Seckendorffs -eingemeißelt. Zum 53. Familientag der Grafen und Freiherren dieses alten Geschlechts, der im Juli 1998 in Altenburg und Meuselwitz stattfand, legte hier eine Delegation dieser Familie, die aus der gesamten Bundesrepublik angereist kam, einen Kranz nieder.
In Verbindung mit der Anlage des Friedhofes entstand am Nordausgang auch die Wohnung für den so genannten Totenbettmeister. Am Tage der Einweihung des Friedhofes fand auch die Weihe des neuen Gottesackers in Mumsdorf statt, die der Diakon Günther vollzog. Zu den erwähnenswerten Erinnerungsstätten auf unserem Friedhof gehört das Kriegerdenkmal für die vielen Gefallenen aus dem 1. Weltkrieg. An dieser Stelle findet alljährlich die Ehrung der Opfer von Kriegen und Gewalt zum Volkstrauertag statt. An die Bombenopfer in Meuselwitz erinnert auch der Gedenkstein, der weiter östlich steht. Jeder Vorübergehende wird gewiss nicht unbeeindruckt bleiben, wenn er auf dem neuen Gedenkstein am Urnenhain die Inschrift liest: "Was du auch tust, bedenke das Ende."
Wenn man durch den Friedhof geht, wird man an viele traurige Begebenheiten erinnert. Da finden wir beispielsweise zwei benachbarte Gräber von Jugendlichen, die beim Wassersport auf der Mulde ihr Leben lassen mussten. Während der eine vom Strudel weggerissen wurde, versank auch der zweite, der zur Rettung herbeigeeilt kam. An einer anderen Stelle finden wir ein Reihengrab für die Toten der Luftangriffe oder die letzte Ruhestätte von Bürgern unserer Stadt, die noch kurz vor Kriegsende durch Panzergranaten getötet wurden. Wie viele Tränen mögen an den vielen Gräbern schon vergossen sein, wenn nach dem letzten Abschied der Sarg oder die Urne von verstorbenen Angehörigen oder Freunden in die Erde versenkt wurde.
Nicht unerwähnt lassen darf man wohl auch die mühevolle Arbeit der Angestellten des Friedhofes. Nach den Verwaltern Penndorf, Bergen, Lotz und Kittel ist seit vielen Jahren Herr May mit seiner Frau hier fleißig und verantwortungsbewusst tätig. Neben den Arbeiten, die unmittelbar die Bestattungen betreffen, gibt es enorm viel zu tun, um eine 4 ha große Friedhofsfläche immer in Ordnung zu halten. Riesige Mengen von Laub fallen beispielsweise von den über 500 großen Bäumen - wie Eiche, Ahorn, Linde, Platane oder Birke - herab, die im Herbst aufgeharkt und beseitigt werden müssen. Durch den starken Bewuchs gibt es eine Menge von pflegeaufwendigen Arbeiten, man denke nur an den Schnitt der vielen Hecken. Auch müssen die Rasenflächen mehrfach gemäht werden. Ohne die zusätzlich eingesetzten Kräfte über ABM wäre das nicht machbar. Dabei fallen auch viele Kosten an. Neue Zäune und ein schönes Eingangstor sind erst in jüngsterZeitentstanden, das Wassergeld ist gestiegen, Bearbeitungsgeräte müssen erneuert werden usw. Etappenweise wurde auch die Friedhofskapelle modernisiert. Eingebaut wurde eine elektrische Heizung, der Fußboden wurde erneuert, es gab eine neue Bestuhlung. Jetzt gab es Arbeiten für den Platz neuer Urnengräber. Auch wird an eine Gemeinschafts-Erdbestattung mit Sarg neben dem Urnenhain nachgedacht. Das alles bereitet schon Probleme und Mühen, um mit den finanziellen Mitteln auszukommen.
Bald beginnt für die heutige Menschheit ein neues Jahrtausend, während unser Friedhof in das z. Jahrhundert seines Bestehens tritt. Nach den nächsten hundert Jahren wird dann auch von der heutigen Generation niemand mehr am Leben sein. So sollte man auch einmal an die Dichterworte denken: "O lieb, so lang du lieben kannst. Die Stunde kommt, wo du an Gräbern stehst und klagst` und "Nach ewigen eh'rnen, großen Gesetzen müssen wir alle unseres Daseins Kreise vollenden."

  Verweise zum Thema:
   
Quellenangaben:
   Text aus: Bote von der Schnauder 2/99 und OVZ