Geschichtliches
Die Bürgermeister der Stadt Meuselwitz



Ohne einen Bürgermeister ist eine Stadt undenkbar. Sie muß regiert werden, denn sonst geht alles drunter und drüber. Vor der Ernennung des Fleckens zur Stadt Meuselwitz war das Regieren in der Hand des jeweiligen Besitzers des Schlosses.
Einen Gemeinderat gab es auch schon zu diesen Zeiten.
Mit der Entwicklung des Kohlebergbaus sowie der Industrie in unserem Ort wuchs auch die Einwohnerzahl und der Flecken konnte sich einen Bürgermeister wählen und das Stadtrecht erlangen.
Zur damaligen Zeit gab es noch keine Polizeibehörde, viele Straßen hatten keine Namen und sie waren auch noch nicht eingebaut. Eine Wasserleitung war ebenfalls noch nicht vorhanden. Das Schulgebäude, welches neben der Kirche stand, platzte aus allen Nähten durch ständig steigende Einwohnerzahlen.
Der damals gewählte Bürgermeister Hermann Jahn nahm sein Amt sehr ernst; das neue Schulgebäude an der Stelle des späteren Amtsgerichtes hatte er sehr verteidigt, konnte sich jedoch gegen das Stadtparlament und dessen Sprecher, den Webereibesitzer Herbst, nicht durchsetzen.
Neben der Gründung der Maschinenfabrik Heymer und Pilz fiel auch die Einweihung der Bahnlinie Meuselwitz - Gaschwitz in diese Zeit. Nachdem Hermann Jahn durch die übernahme seines Postens als Ministerialassessor nach Altenburg ging, wurde von 66 Bewerbern auf das Amt des Meuselwitzer Bürgermeisters Dr. jur. Dietrich Plagge gewählt. Sein Amt trat er am 01.10.1886 an. Zuvor hatte er ein juristisches Büro in Emden betrieben, aber auch literarisch war er tätig.
Seine Amtszeit als Bürgermeister war wenig erfolgreich. Auch er hatte gegen ein Stadtparlament anzukämpfen und die Bürger waren nicht auf seiner Seite. Die Gründe dafür waren auch teilweise bei ihm selbst angesiedelt, die Ruhe und die Nervenstärke, die ein Bürgermeister braucht, um das Gemeindeschiff durch die Stürme des täglichen städtischen Lebens zu steuern, fehlten ihm. Er setzte sich nicht intensiv genug für den vorgesehenen Bau eines Postamtes und auch den Wasserleitungsbau ein. Nach 4 Jahren verließ er die Stadt mit der Meinung, daß sie durch den Braunkohlenbergbau, das Rittergut und die Industrie eingeengt werde.
Vom 01.10.1890 bis zum 30.12.1896 war dann Dr. Max Küstner gewählter Meuselwitzer Bürgermeister. Auch während dessen Amtszeit kam es zu Auseinandersetzungen mit dem Stadtrat. Die neueingeführte Pension wollte man ihm nicht zukommen lassen. Unter der Bevölkerung allerdings war er sehr beliebt, abertrotz Stimmenmehrheit zur Wahl lehnte ernach sechsjähriger Amtszeitab, erneutals Bürgermeisterzu arbeiten. Sein Nachfolger, Wilhelm Gofferje aus Netzschkau/Vogtl. blieb gar nur ein Jahr in Meuselwitz, da es mit den Stadtverordneten Zwistigkeiten gab. Artur Herbst wollte 1000 Mark in die Armenkasse zahlen, wenn sich der neue Bürgermeister bald wieder davon mache. Die forsche, selbstbewußte Artvon Wilhelm Gofferje schreckte die Bürger ab, sie konnten sich an ihn nicht gewöhnen. Noch im Dezember des Jahres, in dem er gewählt wurde, verließ er die Stadt wieder und die Gemeindevertretung war zu Neuwahlen verpflichtet. Jetzt wurden Dr. Küstners Anhänger aktiv und am 15. Februar 1898wurde Dr.MaxKüstnererneutindasAmtsdesBürgermeisters eingeführt. Sein ganz besonderes Verdienst war der Bau der Wasserleitung von Zettweil nach Meuselwitz im Jahre 1902. Während seinerAmtszeitwurde die Schule in der Rathausstraße, das Postamt und die Turnhalle errichtet. Auch das Anlegen von Schrebergärten und die Schaffung des Schrebervereins gehen auf seine Initiativen zurück. Ein Beschleusungsplan wurde erarbeitet und schrittweisewurden die Straßen durch die Schaffung einer Kanalisation von den Gottesackergasse (An der Poliklinik) wurde das Seckendorffsche Erbbegräbniß abgerissen und ein Kinderspielplatz errichtet.
Auch die Einweihung des Amtsgerichtes fällt in seine Amtszeit,
wie auch die Einweihung der Schule in der Rathausstraße und eines Armenhauses.
Die Einführung der Schreibmaschine und der Stenographie zur Vereinfachung der Verwaltungsarbeit wurden von ihm sehr gefördert. Während seiner Amtszeit wurden im Rathaus erstmals Lehrlinge ausgebildet, die eine dreijährige Lehrzeit durchlaufen mußten.
Nach 18 Jahren Amtszeit als Bürgermeister konnte Dr. Arno Igel auf eine vielfältige Arbeit zum Wohle der Stadt zurückblicken.
Die Nachfolge trat am 02.02.1923 Georg Boock an. Seine Amtszeit war gekennzeichnet von den Nachwirkungen des 1. Weltkrieges und durch die Inflation. Es ging dennoch in unserer Stadt wieder vorwärts. Da viele Wohnungen fehlten, bemühte sich Georg Boock um schnellstmöglichen Bau von Wohnraum Es entstand ein ganz neues Wohnviertel an der AltenburgerStraße. Zahlreiche Neuerungen gab es auch in der Verwaltung. Von großer Bedeutung für die Vergrößerung der Stadt war es, Lands anzukaufen. Dem Schulraummangel begegnete er durch den Schulneubau an der Inselstraße (jetzige Grundschule Pestalozzistraße). Hinzu kam der Bau des Meuselwitzer Kindergartens und der Bau des Stadtbades und des Feuerwehrdepots. Als Georg Boock am 15. Juli 1927 die Stadt verließ, übernahm sein Stellvertreter Rudolf Güldenpfennig das Bürgermeisteramt und führte das Begonnene zu Ende. Güldenpfennig, der als sozialdemokratisch gesinnter Mann bekannt war, wurde von den Nazis abgesetzt und als Roter abgestempelt. Spöttisch nannten sie ihn auch "der güldene Pfennig". Ein guter Kommunalpolitiker war er aber, wie sich später zeigte, dennoch. So war er nach 1945 in der Thüringer Regierung in Weimar tätig.
Von 1934 bis 1945 war Kurt Sachsein Meuselwitz als Bürgermeister tätig. Seine Amtszeit war durch die Nazis geprägt, viel Material aber liegt aus dieser Zeit im Archiv nicht vor. Aber aufgrund der Rüstungsaktivitäten gab es wenig Bau? und Verwaltungstätigkeit. Als das Kriegsende nahte, verließ er heimlich die Stadt und überließ die Bürger ihrem Schicksal.
Viele Bürgermeister prägten seit der Stadtgründung die Geschicke von Meuselwitz, jeder hat versucht, seine Gedanken und Ideen zu verwirklichen. Jeder hat nach seinen Fähigkeiten versucht, die Stadt zu verschönen und das Leben der Bürger zu verbessern. Eine harte Arbeit, die leider nicht immer die erforderliche Anerkennung fand. Wie werden wohl kommende Generationen über die jüngere Vergangenheit und Gegenwart und ihre Kommunalpoliter urteilen?

  Verweise zum Thema:
   Wissenswertes: Meuselwitzer Bürgermeister seit 1874

Quellenangaben:
   Text aus: Bote von der Schnauder 2/96