Geschichtliches
Die Geschichte des untergegangenen Dorfes Rusendorf



Rusendorf war eine in der üblichen Rundungsform angelegte wendische Siedlung, die jahrhundertelang mit dem benachbarten Falkenhain besitzerrechtlich verbunden war und von diesem Ort abhängig gewesen ist. Der Name des Dorfes, dessen Gründungszeit unbekannt ist, stammte aus dem Wendischen und bedeutete „der Ort der Rinderweite". Die Schreibweise des Ortes hat oft gewechselt zwischen Rußendorf, Rosendorf, Rosundorf und Rusendorf.
Der Heimatforscher Ernst Zergiebel, welcher 1894 die „Chronik von Zeitz und den Dörfern des Zeitzer Kreises" herausgab, teilte allerdings nicht die Meinung, Rusendorf sei ein wendisches Dorf, denn sein Verzeichnis der wendischen Ortsnamen des Zeitzer Kreises führte den Ort nicht mit auf.
Dieser Ansicht war auch der Altenburger Finanzrat Hans Löbe, in seiner Arbeit „Altenburg, S.-A., ist das alte Merseburg" knüpft er darin die Behauptung, alle Namengebungen mit Rose seien Hinweise für Reichsgründungen oder wenigstens für Reichszugehörigkeit. Mithin sei Rusendorf = Rosendorf ein altes Reichsdorf gewesen.
In der Gründungsurkunde des St.-Georg-Stiftes durch den Land- und Markgrafen Wilhelm des Reichen v. 18. 6. 1413 tauchte der Name Rusendorf erstmals auf. Darin wurden auch die Namen von zwei Bauern erwähnt: Henczel Puchen und Nickel Weczeler.
Soweit man in der Geschichte des Dorfes zurückgehen konnte, gehörte Rusendorf unter das damalige Gericht zu Falkenhain, kirchlich und schulisch gehörte es bis 1891 nach Zipsendorf. Am 1. 11. 1891 wurde Rusendorf auf eigenen Wunsch in Falkenhain eingepfarrt, auch die Rusendorfer Kinder gingen ab diesem Zeitpunkt in Falkenhain zur Schule.
1725 hatte Rusendorf 11 Besitzer: Christoph Schlegel, Georg Schlegel, Hannß Schlegel, Georg Schmidt, Hannß Tille, Hannß Krugk, Martin Krugk, Georg Krugk, Michael Kertzscher, Samuel Blüthner und Georg Müller.


Ansichtskarte von Rusendorf



1880 bestand Rusendorf aus 16 Gebäuden mit 17 Haushaltungen und 1890 aus 13 Höfen mit 13 Haushaltungen und 73 Einwohnern. Durch den Einzug des Braunkohlenbergbaues in unser Gebiet stiegen die Einwohnerzahlen rasch an. 1914 hatte Rusendorf bereits 123 Einwohner und 1925 zählte man 134 Einwohner. Die höchste Einwohnerzahl wird mit 156 angegeben.
Am 1. 11. 1921 wurde die Freiwillige Feuerwehr Falkenhain-Rusendorf gegründet, sie umfaßte bei der Gründung 55 Mitglieder, davon kamen 7 Mitglieder aus Rusendorf. Ab 1925 bildete der Löschzug Rusendorf eine selbständige Einheit.
Durch ein mächtiges, nicht allzutief unter dem Abraum liegendes Braunkohlenflöz entschied sich das Schicksal von Rusendorf. Die Grube Heureka-Phönix brachte 1904 den nördlichen Teil der Flur und die Grube Fürst Bismarck 1900 den südlichen Teil und 1906 den noch käuflichen Rest an sich.
Anfangs waren mit dem Verkauf der Felder nur angenehme Seiten verbunden, er brachte den Grundstücksbesitzern viel Geld ein. Bald aber setzten die Unbequemlichkeiten ein, denn die Bagger fraßen sich immer näher an das Dorf heran und machten auch vor den alten Verbindungswegen nicht halt. 1906 bis 1924 und wieder ab 1930 wurde der Weg nach Mumsdorf eingezogen, es folgten 1912 der Weg nach Meuselwitz, 1922 die Wege nach Brossen und Bünauroda und 1924 der Weg nach Falkenhain. Nur auf Umwegen waren die Nachbarorte noch erreichbar. Besonders die Schulkinder wurden davon betroffen, nachdem sich zwischen Rusendorf und Falkenhain ein breiter Tagebau aufgetan hatte. Nur noch ein Wegweiser in Falkenhain verriet den alten Weg: Nach Rusendorf 1 km.
1927 verließen die ersten ansässigen Familien das Dorf, in diesem Jahr begann auch der Abbruch von Rusendorf. Am 17. 3. 1929 löste sich die Freiwillige Feuerwehr Rusendorf auf.
Der 17. 7. 1932 war ein besonderer Tag für Rusendorf. Der Gemeindekirchenrat hatte einen Abschiedsgottesdienst für die Gemeindeglieder von Rusendorf beschlossen. Von nah und fern waren die Rusendorfer in großer Zahl erschienen, um noch einmal eine Stunde der Gemeinschaft in der Falkenhainer Kirche zu erleben, die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Abschiedsrede hielt Pfarrer Konrad Liebe. Unter Glockengeläut versammelten sich nach dem Gottesdienst die Rusendorfer an dem Gedenkstein ihrer Gefallenen im I. Weltkrieg.
Auf Wunsch der Rusendorfer fand dieser Gedenkstein auf dem Vorplatz der Falkenhainer Kirche einen neuen Standort. Dieser Gedenkstein ist ein Findling, der lange Zeit, schon 1877 im Garten des Naundorfschen Gutes in Rusendorf lag. 1927 war er auf dem Dorfplatz in Rusendorf enthüllt worden.
Die Inschrift dieses Denkmals lautet: 1914 - 1918 Zum Gedächtnis ihrer im Weltkriege Gefallenen Gewidmet von der Gemeinde Rusendorf.

Richard Fiedler                                            Bodo Pietsch
Res. Inf. -Regt. Nr. 107                               Inf. -Regt.Nr. 22
gef. am 25. 9. 1915                                      gest. am 23. 5. 1916

Mit Wirkung vom 1. 10. 1932, auf Beschluß des Preußischen Staatsministeriums, wurde die Landgemeinde Rusendorf, Kreis Zeitz, in die Landgemeinde Falkenhain, Kreis Zeitz, eingemeindet. Zu diesem Zeitpunkt existierte nur noch die letzte Wohnstätte, das Zieglersche Gut. Dem 80jährigen Gemeindevorseher und Gutsbesitzer Oskar Naundorf, der die Geschichte der Gemeinde im letzten halben Jahrhundert geleitet hatte, war es nicht vergönnt, seinen Heimatort vor dem Untergang zu retten. Zusammen mit den anderen Einwohnern mußte er seinen geliebten Heimatort verlassen.
1934 war der Ort Rusendorf und seine Flur für immer verschwunden, als erster Ort in unserer Region mußte er der Braunkohle weichen. Neben dem Rusendorfer Gefallenendenkmal des I. Weltkrieges erinnert im Glockenstuhl der Falkenhainer Kirche eine Glocke an das verschwundene Rusendorf. Diese Glocke wurde 1928 von der Glockengießerei Chr. Störmer, Erfurt, gegossen. Die Glockeninschrift lautet: „Zum Andenken gestiftet von der Gemeinde Rusendorf."
Am 1. 9. 1995, im Rahmen des 5. Meuselwitzer Stadtfestes, wurde ein Gedenkstein für den Ort Rusendorf enthüllt.
Ehemalige Rusendorfer Einwohner nahmen an der Weihe dieses Gedenksteines teil. Die Weihe wurde vorgenommen von Pastor Dietrich Vogel, Falkenhain und Bürgermeister Johannes Matuszewski, Meuselwitz. Der Gedenkstein, gestiftet von der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft mbH MIBRAG, steht am Wanderweg Meuselwitz - Falkenhain - Bünauroda, etwas von der ursprünglichen Ortslage von Rusendorf entfernt. Die ehemalige Ortslage liegt im Rusendorfer See.


  Verweise zum Thema:
   Geschichte:Aus der Geschichte des Braunkohlenbergbaus in der Region Meuselwitz

Quellenangaben:
   Text & Foto von: Homepage von U.Hoffmann