Geschichtliches
Zeppelinflüge im Raum Meuselwitz




Bald ist schon ein Jahrhundert seit dem ersten Flug eines Zeppelinluftschiffes vergangen. Graf Ferdinand von Zeppelin, der zunächst von vielen seiner Zeitgenossen wegen seiner Leidenschaft für den Bau von Luftschiffen verlacht und verhöhnt wurde, ließ aber in seinen Bemühungen nicht nach und bereits am 29. 5. 1909 stieg sein Luftschiff Z II vom Bodensee zu einer 38stündigen Deutschlandfahrt auf, die damals zur längsten Luftreise der Weltgeschichte zählte. Auch bei uns in Meuselwitz wurde dieser Luftkreuzer, der Berlin ansteuerte, aber nur bis Bitterfeld kam, gesichtet. Dagegen gelang der Flug in die Reichshauptstadt mit dem Luftschiff Z III, der auch unter der Bezeichnung LZ 6 bekannt wurde, im August des gleichen Jahres. Bei dieser sogenannten Kaiserfahrt flog es am 28.8.1909 genau über Meuselwitz.
Dieses Ereignis war für die Bevölkerung unseres Ortes eine echte Sensation. Zunächst hatte man mit einem direkten überflug nicht gerechnet, denn als es sich gegen 12 Uhr im Vogtland bei Plauen befand, gab der "Schnauderbote" ein Extrablatt heraus mit der Mitteilung, daß Z III über Altenburg fliegen würde. Um so größer war die überraschung, als gegen 13.45 Uhr das Schiff, welches jetzt aus der Richtung Ronneburg kam, in Meuselwitz erkannt wurde.
Die Menschen, die schon vorher äußerst erregt waren, gerieten vollends in Begeisterung, als sich nun das Luftschiff immer mehr unserer Stadt näherte. Schon längst hatten die Lehrer ihre Schulkinder auf hochgelegene Stellen geführt, alle Bewohner hatten ihre Wohnungen und Arbeitsstätten verlassen und waren auf Plätze geeilt, die eine gute Aussicht versprachen. Man kletterte auf Bäume und Dächer, und als gegen 16 Uhr das Brummen der 115-PS-Motoren immer lauter wurde und dann der etwa 140 Meter lange Körper der "Riesenzigarre" direkt auf sie zuschwebte, gerieten alle in einen Freudentaumel. Tücher und Hüte folgen in die Luft, die Leute schrien und jubelten, manche brachen in Tränen aus.
Wie ein gigantischer Flugsaurier flog er über den Wasserturm zur Luckaer Straße hin und zog dann in Richtung Lucka weiter, wo er ebenfalls stürmisch gefeiert wurde. Noch lange hielt die Begeisterung bei allen Bewohnern an. Unser Heimatdichter Bruno Hüfner widmete sofort mehrere Gedichte diesem Ereignis. An einer Stelle heißt es: "...Und der Jubel wird erneuert, als man von dem hohen Sitz dieses stolze Luftschiff steuert über unser Meuselwitz. Und so sicher sieht man schweben dieses Werk von Menschenhand, das nach jahrelangem Streben unsern Zeppelin erfand..."
Bei der Rückkehr aus Berlin konnte man den Z III am 2. 9. in größerer Entfernung von Meuselwitz aus erkennen.
Am 18.8.1912 hatten die Meuselwitzer wiederum das Glück, einen Zeppelinflug zu erleben. Diesmals handelte es sich um das Luftschiff "Viktoria Louise", das von Gotha nach Dresden und zurück fuhr. Es existieren eine Reihe von Ansichtskarten aus Meuselwitz, die an dieses Ereignis erinnern. Allerdings hat man den Zeppelin auf bereits vorhandene Karten nachträglich so eingedruckt, daß der Eindruck entsteht, der Zeppelin würde ganz niedrig über Rathaus und Innenstadt schweben. Solche ähnlichen Erinnerungskarten gibt es auch von vielen anderen Städten aus dieser Zeit. Am 24. B. 1913 landete das bekannte Luftschiff "Sachsen" in Schmölln auf der Nödenitzscher Höhe. Verschiedene Meuselwitzer fuhren damals direkt an die Landungsstelle, um das Schiff aus unmittelbarer Nähe zu betrachten. Während des Fluges konnte es auch von unserem Ort beobachtet werden.
ältere Bewohner unserer Stadt erinnern sich noch mit Begeisterung an den 2.4.1935. Damals überflog das weltberühmte Luftschiff "LZ-127-Graf Zeppelin" gegen 12.30 Uhr Meuselwitz.
Auch Lucka erlebte den Flug, der in niedriger Höhe stattfand, zur gleichen Zeit. Ein Meuselwitzer Bürger, der damals als Musiker in einer Gaststätte spielte, erzählte mir, daß der Wirt eine Leiter ans Dach stellte, um den schnellfahrenden Zepp besser beobachten zu können. Dabei fiel er von der Leiter und brach sich ein Bein. Das Luftschiff fuhr damals schon sehr schnell, denn bereits 12.45 Uhr erschien es über Leipzig. Im "Schnauderboten" wird berichtet, daß nachmittags gegen 18 Uhr "LZ127", der nach halbstündigem Aufenthalt in Berlin nach Friedrichshafen zurückfuhr, erneut von Meuselwitz aus gesehen wurde. Der Berichterstatter des Blattes spricht von der freudigen Erregung in der Bevölkerung und wies darauf hin, daß einige Bewohner zu spät erschienen, um den Zepp zu bewundern. Auch gelang es kaum einem, eine vernünftige Aufnahme zu machen. Diese Bemerkung macht die Entwicklung in der Geschwindigkeit der Luftschiffe deutlich. Vor rund 25 Jahren hatte man noch die Zeit, durch wiederholte Extrablätter die Annäherung eines Zeppelins zu vermelden.
Die große Zeit der Luftschiffe war mit Beginn des 2. Weltkrieges zu Ende. Doch spricht man immer wieder von einer Renaissance. Kleine Pralluftschiffe, die Blimps, kann man heute schon wieder am Himmel entdecken. So war der Zepp "Vereinte", der 1990 gebaut wurde, auch schon von Meuselwitz aus zu beobachten. Von Schkeuditz aus machte er eine Reihe von Werbefahrten, die auch unser Gebiet berührt hatten. Mit seiner Länge von 60 m ist er aber gegenüber dem "Graf Zeppelin", der 264 m lang war, gewiß nur ein Zwerg, obwohl er eine Geschwindigkeit von 100 km/h erreicht. Jetzt befindet sich der allwettertaugliche "Zeppelin NT" im Bau. Er soll ab 1997 besonders für Passagierfahrten und technische Spezialaufgaben eingesetzt werden. Vielleicht werden dann auch einmal wieder Luftschiffe über Meuselwitz fahren. Ob erneut große Begeisterung aufkommt, bleibt abzuwarten.

  Verweise zum Thema:
   
Quellenangaben:
   Text aus: Unsere Heimat